Startseite Sitemap Kontakt Impressum Newsletter Suchen Datenschutzerklärung
Sie sind hier:  Presseberichte

Nicht so schlimm wie sein Ruf

Der Marder ist nicht so schlimm wie sein Ruf 
Die hohe Zeit der Steinmarder hat begonnen: Die Jungen sind grösser geworden. Zusammen mit den Eltern unternehmen sie bis zum August wieder Erkundungsreisen. Die putzigen Wesen treiben dabei unter den Motorhauben ihr viel beachtetes Unwesen.
Basel/Liestal. Ein Vergnügen ist es, in Gummischläuche hineinzubeissen, denkt so manches Marderkind, doch auch Mutter und Vater stehen nicht zurück, wenn es darum geht, unter der Motorhaube zu wüten. Das geschieht insbesonders zwischen Juni und August. Doch sind Marder zu allen Jahreszeiten aktiv, auch im Winter können sie zuschlagen. Die Biologen bezeichnen das als «Erkundungsverhalten». Abgestellte Autos bilden für die nachtaktiven Tiere ideale Verstecke. Schwere Schäden an Autos sind aber selten: Ein Besuch des Marders wird meist beim Service in der Garage entdeckt, ferner dann, wenn Gummifetzen unter dem Auto liegen oder der Motor nicht mehr anspringt.

Marder sorgen für Arbeit
Norbert Hössli von der Grosspeter Garage in Basel kann ein Lied vom Marder singen. Pro Tag ein Marderschaden, den es zu beheben gilt, lautet hier die Bilanz. Eigentliche Spitzenzeiten gebe es nicht, wohl aber Quartiere mit einer Häufung von Mardermeldungen. Ein solches sei die Altstadt im Bereich Münsterhügel, wo man immer dieselbe Kundschaft mit den gleichen Problemen habe. Hössli: «Bei bestimmten Kunden wissen die Mechaniker schon zum Voraus, dass sie ein Zündkabel mitnehmen müssen.» Nur der Garage bleibt der Marder glücklicherweise fern: «In unserer gut gesicherten Werkstatt», so Hössli, «haben wir noch keinen Marder gesehen.»
Dass oft die gleichen Autos Zielscheibe von Mardern sind, hat einen überraschenden Grund. Urs Tester aus Bottmingen, Biologe bei Pro Natura Basel, hat das Verhalten des Steinmarders und seine nächtlichen Aktivitäten in einer Diplomarbeit untersucht. Darin berichtet er, dass der Marder das von ihm besuchte Auto markiert. Die Duftnote animiert die Artgenossen, dasselbe Auto ebenfalls aufzusuchen. Dieser Sachverhalt widerlegt die populäre Meinung, Marder würden bestimmte Automarken bevorzugen.

Vorgetäuschte Schäden 
Marderschäden an Autos sind übrigens seit längerem versicherbar. Die Bâloise stellte fest, dass die Zahl der Schäden bis 1998 stetig zunahm, um 1999 dann leicht zu sinken. Der Grund dafür ist aber nicht etwa ein Rückgang der Marder. Gemäss Bâloise-Sprecher Alfred Rikli wurden vielmehr vermehrt Kontrollen durchgeführt: «Wir wollten Aufschluss über die Schäden haben, über ihr Auftreten und Aussehen.» Dabei zeigte es sich, dass nicht jeder geltend gemachte Marderschaden auch tatsächlich einer war. Urs Siegenthaler, Chef der Fachstelle Betrugsbekämpfung beim schweizerischen Versicherungsverband (Zürich), weiss sogar, dass leider immer wieder versucht wird, Marderschäden vorzutäuschen. Fazit: Der Marder ist nicht ganz so schlimm wie sein Ruf.

Die Heimat ist überall
Der Steinmarder (lat. martes foina) suchte übrigens schon immer die Nähe des Menschen. Seit dem Mittelalter ist er als Dach- oder Hausmarder bekannt. Früher wurde ihm wegen seines Fells nachgestellt. Inzwischen hat sich die Population erholt. In den siebziger und achtziger Jahren nahm die Zahl dann rasant zu. Ein Marder benötigt einen Lebensraum von mehreren Hektaren. Invasionen sind deshalb nicht zu befürchten, denn der Marder verteidigt sein Revier gegen Konkurrenten. Er kann sich selbst in der Enge einer Stadt einrichten. Einer Schätzung zufolge dürften in Basel rund 150 Marder hausen. Wohler fühlt sich der Marder allerdings in lockeren Siedlungen, Einfamilienhäusern oder kleineren Blocks mit Spielwiesen rundherum. Er erobert derzeit allerdings zunehmend die grösseren Baselbieter Gemeinden. «Wir finden ihn immer häufiger auch in den dichter besiedelten Agglomerationen, in Liestal oder Muttenz», sagt Werner Marti, Präsident des Baselbieter Jagdschutzvereins. Der Marder trete überall auf, denn als Allesfresser und Begleiter des Menschen passe er sich der Zivilisation immer besser an.

Spezialisten wissen weiter
Wer im Haus ernsthafte Probleme mit einem Marder hat, etwa wenn ihm nachts durch das Treiben im oberen Stock der Schlaf gänzlich geraubt wird, der kann sich in Basel an die Jagd- und Tierpolizei, im Baselbiet an den örtlichen Jagdaufseher wenden. Es gibt zwei Methoden, den Marder loszuwerden: Entweder man verwehrt die Zugänge, indem man das Haus abdichtet, oder man stellt Fallen auf. Der Marder darf gemäss Bundesgesetz gejagt werden, und zwar von September bis Mitte Februar. Das Nachttier ist aber schlau und vorsichtig: Selbst ein erfahrener Jäger braucht lange, bis er ein Tier in der Falle hat. Ein gefangener Ruhestörer wird selten getötet, sondern meistens wieder auf freien Fuss gesetzt, allerdings in weiter Entfernung in einem Wald, damit er nicht wieder an den Tatort zurückfindet.

Teilauszug Marderstudie